Was wir aus dem CS-Debakel lernen können

Was wir aus dem CS-Debakel lernen können

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Vertrauen? Ausgerechnet dieses Bauchgefühl soll die Credit Suisse in die Knie gezwungen haben? Und wie konnte es so schnell erodieren, dass die 167-jährige CS innerhalb nur eines Wochenendes an die Konkurrentin UBS verscherbelt werden musste? In der Tat: Vertrauen ist ein scheues Reh. Wie Geld. Im Falle einer Bank ist es identisch.

Jetzt spielt man „Schwarzer Peter“. Zinsschock! Altlasten! Marktumstände! Social-Media-Sturm im Herbst! Unglückliche Bemerkungen eines Anker-Aktionärs! Pontius Pilatus ist überall: Eine gesunde Bank sei von außen zerstört worden. Kein einziges selbstkritisches Wort vom Management. Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann und CEO Ulrich Körner weisen wie Grünwalds Täufer von sich weg, setzen die für die CS seit Jahren typische Tradition der Ausreden fort. Teilweise mit Recht: Der Niedergang der CS ist multikausal. Und auf den ersten Blick haben die beiden Totengräber der CS sich nichts zu Schulden kommen lassen. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit.

Beide sind Zahlenmenschen. Erfahren und integer, keineswegs unsympathisch. Aber eben: knochentrocken. VR-Präsident Lehmann wirkt hölzern, ungelenk im öffentlichen Umgang, eher wie ein Beamter beim Finanzamt. CEO Körner hat sich als knallharter, kühl kalkulierender Sanierer einen Namen gemacht - niemand, der sich einem als Person ins Gedächtnis brennt. Zusammen sind sie ein routiniertes Duo aus perfekten Sidekicks, Mitglieder eines Sachverständigenrats.

Aber als Galionsfiguren, die nach einer schier endlosen Reihe unternehmerischer Rohrkrepierer Aufbruch und Zukunft verkörpern sollten, waren sie nicht nahbar genug. Nachdem sie ihre Rollen übernahmen, herrschte wochenlang Funkstille. So still, dass ein neuseeländischer Tweed, der beherzt auf den Busch klopfte, täglich Kundengelder von etwa 10 Milliarden Franken abfließen ließ. Dennoch stand das Institut weiterhin zahlenmäßig gut da. In ihren spärlichen Botschaften an Mitarbeiter und Kunden verwiesen die beiden Leitfiguren denn auch auf Zahlen: Eigenkapital, Liquidität und Buchwerte. Mit Blick auf das dramatische schwindenden Kunden- und Mitarbeitervertrauen war das zu wenig.

Denn Zahlen sind in dieser Situation nicht das, was zählt. Zahlen, so wichtig sie sein mögen, bilden die Vergangenheit ab. Sie sagen nichts über die Zukunft. Mit Blick auf die Zukunft darf man nicht zählen, sondern muss erzählen. Es braucht Ansprache, Präsenz, Überzeugungskraft – spreche ich es aus: Gefühl. Es braucht eine mitreißende Zuversicht, ein Zusammenschweißen der Solidargemeinschaft nach innen, eine Wir-werden-nicht-ruhen-Botschaft nach außen.   

Was können wir lernen? 1. Keine Führungskraft eignet sich für alle Situationen. 2. In der Krise ist Nicht-Kommunikation tödlich. 3. Nach einer Phase postheroischer Nüchternheit sollten wir uns erinnern, dass Top-Führungskräfte auch Menschenfänger sein müssen. Die nicht nur die Köpfe der Menschen erreichen, sondern auch ihre Herzen.

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